Es ist mir ein Anliegen, meine Ideen und Forschungsresultate regelmässig öffentlich zu teilen.

Denn ich bin überzeugt, dass ein offener Austausch gegenseitiges Lernen ermöglicht und persönliche und institutionelle Entwicklung begünstigt.

Neben Fachpublikationen veröffentliche ich deshalb auch regelmässig Beiträge in den sozialen Medien. Die Beiträge sind hier in diesem Journal gesammelt.

Vanessa Ruegger Vanessa Ruegger

Wird aus "Gute Nacht, Schepenese" bald "Good Bye"? Schweizer Museen müssen sich der Frage zum Umgang mit menschlichen Überresten in ihren Sammlungen stellen

Die Mumie "Schepenese" ist in der St. Galler Stiftsbibliothek öffentlich ausgestellt. Dort wird sie vom Personal jeden Abend mit einem "Gute Nacht, Schepenese" abgedeckt. Könnte es stattdessen bald "Good Bye" heissen?

Milo Rau hat anlässlich der Verleihung des Kulturpreises der Stadt St. Gallen mit theatralem Pomp die Restitution der Mumie nach Ägypten gefordert. Rechtlich dürfte es dafür keine Grundlage geben. Ethisch gibt es zur Frage des Umgangs mit menschlichen Überresten in Schweizer Museen aber sehr wohl einiges zu diskutieren.

Wer hat schon nicht auf einer Schulerreise ihre Bekanntschaft gemacht: Die Mumie "Schepenese" ist seit den 1820er Jahren in der St. Galler Stiftsbibliothek und bis heute öffentlich ausgestellt. Dort wird sie vom Personal jeden Abend mit einem "Gute Nacht, Schepenese" abgedeckt. Könnte es stattdessen bald "Good Bye" heissen?

 In der Regel gibt es keinen Rechtsanspruch auf Rückführung

Milo Rau hat anlässlich der Verleihung des Kulturpreises der Stadt St. Gallen mit theatralem Pomp die Restitution der Mumie nach Ägypten gefordert. Rechtlich dürfte es dafür keine Grundlage geben. Für indigene Gruppen fordert eine UNO-Erklärung zwar einen Anspruch auf Repatriierung menschlicher Überreste. Einen Rechtsanspruch gibt es in der Regel nicht. Ägyptische Mumien wie Schepenese oder die im Antikenmuseum Basel ausgestellten Mumien dürften ohnehin nicht in diese Kategorie fallen.

Ethisch gibt es einiges zu diskutieren

Ethisch gibt es zur Frage über den Umgang mit menschlichen Überresten in Schweizer Museen aber sehr wohl einiges zu diskutieren. Dabei gilt es einen Ausgleich zwischen dem Kultur- und Bildungsauftrag der Museen und dem Respekt und der Würde gegenüber den betroffenen Menschen und den kulturellen, religiösen und spirituellen Bedeutungen des Todes in ihren Herkunftsgesellschaften zu finden. Dies gilt unabhängig davon, ob 25 oder 2500 Jahre seit dem Tod der ausgestellten Menschen vergangen sind.

Geschärftes Wissen um historischen Kontext verändert Debatte

In den vergangenen Jahren hat sich die gesellschaftliche Sensibilität für die Problematik im Umgang mit menschlichen Überresten in Museen bedeutend entwickelt. Die ICOM Richtlinien für Museen verpflichten auch die Schweizer Museen bei der Ausstellung von menschlichen Überresten den Glaubensgrundsätzen der Gruppen, denen das Objekt entstammt, Rechnung zu tragen. Dass die Ausstellung eines mumifizierten Körpers gerade auch im geschärften Wissen um deren Entwendung aus einer einstmals heiligen Grabstätte und den kolonialen Kontext dieser Vorgänge nun kritisch hinterfragt wird, ist deshalb folgerichtig.

Einfache Antworten gibt es nicht

Einfache Antworten auf diese Fragen gibt es nicht. Dafür ist die Ausgangslage zu vielschichtig. Die Fortführung der öffentlichen Debatte über den Umgang mit menschlichen Überresten in Schweizer Museen ist aber auf jeden Fall angezeigt.

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Vanessa Ruegger Vanessa Ruegger

5 Thesen zur Provenienzforschung an Schweizer Museen

In den vergangenen Monaten sind wiederholt hitzige Debatten über die Provenienzforschung und Restitutionspolitik an Schweizer Museen entfacht. Aus den bisherigen Erfahrungen zeichnet sich ab, dass die Provenienzforschung nicht nur zu erweitertem Wissen über die einzelnen Kulturgegenstände führt, sondern auch das institutionelle Selbstverständnis der Museen weitreichend verändern wird.

Das Thema Provenienzforschung hat in letzter Zeit wiederholt hitzige Debatten entfacht.

Aktuell zeigen gleich drei grosse Schweizer Museen sehenswerte Ausstellungen zum Thema Provenienzforschung (Kunstmuseum Basel, Kunstmuseum Bern, Museum Rietberg).

Provenienzforschung wird unser Verständnis von Kultur und das Selbstverständnis der Museen weitreichend verändern.

Aus den bisherigen Erfahrungen zeichnet sich ab, dass Provenienzforschung nicht nur zu erweitertem Wissen über Kulturgegenstände führt, sondern auch das institutionelle Selbstverständnis der Museen weitreichend verändern wird. Öffentliche Museen müssen sich dieser Aufgabe stellen. 

Aus meiner Forschung nehme ich 5 Thesen zur Provenienzforschung mit:

1) Provenienzforschung an Schweizer Museen hat kulturpolitisch hohe Priorität.

Der Kultur- und Bildungsauftrags verpflichtet die Museen, die Herkunft ihrer Sammlungen mit einem zeitgemässen Ansatz aufzuarbeiten, entsprechend dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu dokumentieren und der Öffentlichkeit transparent zu vermitteln.

Gefordert sind klare Strategien und konkrete Forschungsprojekte verbunden mit vermittelnden Programmen.  

Betroffen sind nicht nur Kulturgüter mit Bezug zum zweiten Weltkrieg oder weiteren Kriegen, sondern auch Fragen mit Bezug zu Imperialismus, Kolonialismus, und archäologischen Grabungen. 

2) In der Provenienzforschung gibt es keine einfachen Antworten. 

Manchmal ist die Geschichte eines Kulturguts klar. Viel öfters jedoch sind die historischen Umstände umstritten und Informationen fehlen.

"Lücken" und Ambivalenzen aufzuzeigen ist ebenfalls Aufgabe der Provenienzforschung.

Auch die rechtlichen und ethischen Fragen im Bereich der Provenienzforschung sind komplex; eindeutige Antworten zur Herkunft fehlen in vielen Fällen. Diese Unklarheiten aufzuzeigen ist ebenfalls Aufgabe der Provenienzforschung.

3) Provenienzforschung muss mit einem partizipativen Ansatz erfolgen. 

Provenienzforschung muss mit einem partizipativen Ansatz im Dialog mit Betroffenen und der Öffentlichkeit erfolgen. Wer dabei an den Tisch gehört, ist im Einzelfall sorgfältig ausfindig zu machen.

Provenienzforschung muss im Dialog mit Betroffenen und der Öffentlichkeit erfolgen

Dabei können Museen auf bewährte Instrumente wie inklusive Forschungsformate, Konferenzen, Runde Tische und mediative Verfahren zurückgreifen (#mediation)

4) Provenienzforschung erfordert Transparenz

In einer Demokratie ist Öffentlichkeit die zentrale Voraussetzung für die Meinungsbildung und politische Entscheidungsfindung. Staatliche Museen sollen der Öffentlichkeit transparent aufzeigen, wie sie mit der eigenen Sammlungsgeschichte und deren Aufarbeitung umgehen.

Auch die Digitalisierung ist zentral.

Staatliche Museen sind aufgefordert, die Resultate aus der Provenienzforschung proaktiv offenzulegen, im Idealfall auch in digitalen Datenbanken (#digitalisierung)

5) Für einen fairen Umgang mit Restitutionsbegehren braucht es klare Verfahren 

In der Schweiz gibt es (noch) keine zentrale Institution, die sich mit der Restitution von Kunst- und Kulturgütern befasst. Kantone und Gemeinde kennen unterschiedliche Vorgaben. Die juristische Ausgangslage ist unübersichtlich und selbst für Expertinnen und Experten keineswegs selbstverständlich.

Auch die jüngst vom Parlament geforderte unabhängige Kommission zum Umgang mit Kunst- und Kulturgütern ist zu begrüssen.

Faire Lösungen dürften meistens nur auf dem Verhandlungsweg zu erreichen sein. Die staatlichen Institutionen sind vor diesem Hintergrund aufgefordert, klare Verfahren für den Umgang mit Restitutionsbegehren zu definieren.

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Vanessa Ruegger Vanessa Ruegger

Was bedeutet die Digitalisierung für die Führung von Verwaltung und Unternehmen?

Vor Kurzem war ich an einer Tagung des EIZ zur Innovativen Verwaltungsführung. Dort gab es interessante Inputs zu meinem neuen Lieblingsthema "Digitalisierung" von Verwaltung und Unternehmen. Als wichtigste Stichworte habe ich Organisatorische Transformation, Resilienz und Fehlerkultur, Kommunikation und Konfliktlösung sowie Demokratie und Rechtsentwicklung mitgenommen. Lese hier warum.

Vor Kurzem war ich an einer Tagung des EIZ zur Innovativen Verwaltungsführung. Dort gab es interessante Inputs zu meinem neuen Lieblingsthema "Digitalisierung" von Verwaltung und Unternehmen. Aus den spannenden Inputreferaten habe ich für mich folgendes mitgenommen:

Organisatorische Transformation

Der erste Punkt dürfte kaum überraschen: Die zielführende und effiziente Nutzung neuer Techniken ist nur möglich mit organisatorischen Restrukturierungen. Es geht nicht einfach nur um die Anwendung neuer Technologien. Digitalisierung von Unternehmen und Verwaltung ist ohne Transformation der Organisationsstruktur nicht zu haben. Die digitale Transformation ist dabei kein Endziel sondern ein anhaltender Prozess.

Resilienz und Transparenz

Die digitale Transformation bedeutet aus diesem Grund permanente Veränderung und Lösung von Unvorhergesehenem. Damit eine Organisation dies im Alltag bewältigen kann, braucht es eine fehlerfreundliche Fehlerkultur. Unsicherheiten oder Fehler offen anzusprechen und nicht alles wissen zu müssen ist die Haltung der Zukunft. Dafür braucht es eine Arbeitskultur, in der das neue Trendwort "psychologische Sicherheit" kein toter Buchstabe ist.

Kommunikation und Konfliktlösung

Zusammenarbeit und Kommunikation ist für diese Transformation zentral. Dafür braucht es strukturierte Prozesse für die Kommunikation und den Austausch über die Fachbereiche hinweg und für die Lösung von Konflikten. Runde Tische, Tandems und moderierte Gespräche oder Mediation bekommen einen neuen Stellenwert.Demokratie und Rechtsentwicklung

Demokratie und Rechtsentwicklung

Und last but not least - demokratische Rechtsentwicklung: Auch das Recht muss sich entwickelt, um die digitale Transformation zu ermöglichen. In einer Demokratie sind wir alle aufgefordert, die Rechtsentwicklung proaktiv mitzugestalten.

Was sind Deiner Meinung nach die wichtigsten Stichworte innovativer Führung?

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